Mein Vater

Mein Vater

Den ich eigentlich nie hatte…

Das Thema Vater ist auch ein anstrengendes, beängstigendes aber abgehaktes Thema in meinem Leben. Jedenfalls scheint es so. Immer wieder habe ich Momente, in denen ich mich in meine Kindheit zurück katapultiert fühle.

Solange ich denken kann hat mein Vater getrunken. Nein, eigentlich kann ich mich nur daran erinnern, dass er komisch war, zumindest als Kind. Und lustig war er dann abends. Aber komisch lustig. Nicht lustig, dass er sich mit uns beschäftigt hat, Witze gemacht hat, gespielt hat. Eher im Sinne von: er fand vieles lustig, bis ihm nicht gepasst hat dass er Kontra bekam.  Oder seine Stimmung umschlug. Mit zunehmenden Alter habe ich dann natürlich mit bekommen, was los war. Den Streit, wenn er getrunken hatte.

Das, was ich als Kind als lustig und komisch empfand schlug irgendwann um in streitsuchend und jähzornig. Es gab viel Streit, kaputte Gegenstände, Wut und Unberechenbarkeit. Nicht uns gegenüber, aber ich hatte immer die Antennen auf Empfang, habe immer darauf geachtet was los ist, wie die Stimmung ist, was passieren könnte. Nicht jeden Abend, aber öfter schlug es in solche Extreme um.

Dieses Thema hat sich für mich erst größtenteils beruhigt, als meine Eltern sich endgültig getrennt haben. Es war erleichternd. Leider war er immer noch präsent, ebenfalls durch unschöne Dinge. An meiner Hochzeit war er noch dabei, scheinbar hatten wir da noch Kontakt, wenn auch nicht viel. Ich habe viele Dinge aus meinem Gedächtnis verbannt, kann mich an vieles nicht mehr erinnern. Ich weiß aber, dass nach der Hochzeit kein Kontakt mehr bestand oder wenn nur negativer.

Irgendwann bekam ich einen Anruf auf der Arbeit, es wäre privat. Glaubt mir, ich wusste sofort was los war. Es war seine Betreuerin, die mir mitteilte, mein Vater wäre gestorben. Das war im Juli 2012. Nachdem ich es sacken ließ, den Bürokratie Horror hinter mir hatte und wir genau 2 Wochen später in den Urlaub sind war ich mit mir im Frieden. Es war eine Last, die weg war. Es hört sich vielleicht schlimm an, aber es war eine Art Ruhe, die in dieses Kapitel einzog. Es kommt nichts mehr, es konnte nichts mehr passieren. Obwohl es schon viele Jahre her war, wir keinen Kontakt hatten, weder ich noch meine Mutter. Es war Erleichterung. Und heute schäme ich mich auch nicht mehr das zu sagen.

Vielleicht sehen andere Familienmitglieder oder Außenstehende das Thema auch ganz anders, es gab ganz bestimmt auch schöne Dinge, liebevolle Momente, ruhige Tage die schön waren. Aber ich kann mich kaum daran erinnern. In meiner Erinnerung gibt es fast nur böse, negative Momente, die von Streit und ja, Angst geprägt sind. Und das macht mich wirklich traurig. Ich würde gern von einer anderen Kindheit erzählen…